Das etwas andere Kaufhaus

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Das etwas andere Kaufhaus

Niebüll – Die Tische sind liebevoll gedeckt, in den Regalen stehen aktuelle Bücher und daneben stapeln sich Gesellschaftsspiele. Tische, Stühle, Wohnzimmergarnituren, Gläser, Besteck und Geschirr: Es gibt eigentlich nichts, was es nichts gibt. Gerade ist sogar ein Hochzeitskleid reingekommen, und Natalie Grünig legt liebevoll noch einmal Hand an die Rüschen. Sie leitet das Sozialkaufhaus Werkstatt 1 in Niebüll, eine Einrichtung des Diakonischen Werks (DW) Südtondern.

Das Sozialkaufhaus ist ein soziales Kaufhaus

„Sozialkaufhaus ist eigentlich nicht das richtige Wort“, sagt sie nachdenklich. „Bei uns kann jeder einkaufen, auch ohne Berechtigungsschein. Wir sind vielmehr ein soziales Kaufhaus.“ Und gemeinsam mit den anderen Mitarbeitenden füllt sie das mit Leben. „Hier gibt es gutes Gebrauchtes und eigentlich alles außer Lebensmitteln“, sagt Hannelore Petersen, die „gute Seele“ des Ladens. Sie ist 2011, seit der Gründung des Kaufhauses dabei. Gelernt hat sie mal Verkäuferin, aber jetzt ist sie seit über 20 Jahren schon im sozialen Bereich. Und soziale Arbeit hat hier, wenngleich die Werkstatt kein Beratungszentrum ist, einen hohen Stellenwert. „Es ist schlicht ein Treffpunkt“, sagt Hannelore Petersen, „manche kommen täglich und schnacken hier mal einen aus.“ Die Kundschaft ist bunt gemischt. Vermehrt finden auch Rentner den Weg in den Laden. Oft reicht es in der letzten Lebensphase nur noch zum Nötigsten, und mancher ist dankbar, wenn er hier günstig ein Paar Schuhe erstehen kann. Jäger und Sammler gehören dazu, manch einer freut sich schlicht über ein Schnäppchen. Asylbewerber und SGBII-Empfänger decken sich hier mit dem Nötigen ein.

Gutes ist zum Wegwerfen viel zu schade

Uwe Kosa ist von Haus aus Elektrikermeister und übernimmt für den Laden die Transportdienste. Dabei ist er in engem Kontakt mit den Spendern und ihren Schicksalen: Immer mal wieder muss eine Wohnung aufgelöst werden, weil ein Ehepartner verstorben ist oder ein Umzug ins Heim ansteht. „Vielen ist es wichtig, dass ihre guten Sachen einem guten Zweck zukommen“, erzählt er. Aber da ist natürlich auch die andere Seite: Nicht alles, was dem Besitzer kostbar ist, kann in den Laden aufgenommen werden, verkäuflich ist schlicht nur heile und gute Ware, alles andere muss auf den Sperrmüll. Das den Menschen klar zu machen, erfordert Fingerspitzengefühl. Aber das hat Uwe Kos. Und Sperrmüllkarten. Und trotzdem: Der Gedanke, der Nachhaltigkeit ist ihm wichtig. „Wirklich gute Möbel überdauern auch eine Generation, und Gutes wegzuwerfen ist doch gar zu schade.“

Alles, was es für eine Erstausstattung braucht

Harald Thomsen ist festangestellter Diakon im DW Südtondern. Er betreut überwiegend Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohte in Leck, ist aber mit einem gewissen Stundenkontingent für die Werkstatt 1 abgestellt. Das ist gut. Denn manche seiner Klienten brauchen, wenn sie endlich eine Wohnung haben, auch eine Erstausstattung. Die können sie im Kaufhaus bekommen, so trifft man sich wieder, und jeder Kontakt, jedes Gespräch stärkt das Vertrauen und macht Hilfe möglich, wo sie gebraucht wird.

Das Angebot wechselt von Tag zu Tag

Die Vier sind ein gutes Team, hinzukommen noch die Ehrenamtlichen, eine Auszubildende, zwei Zusatzjobber und immer mal Praktikanten. Es gibt viel zu tun, damit alles so blitzsauber, schön und ansprechend ist, dass Interessierte durchaus ein „Shopping-Feeling“ haben, wenn sie durch den Laden strömern. Das ist allen wichtig: Es ist auch ein Kaufhaus. Das Angebot ist günstig, aber nicht umsonst. Feilschen geht gar nicht, und manchmal ist Geduld gefragt. Und das Alleinstellungsmerkmal ist: Das Angebot wechselt von Tag zu Tag. Der Becher, der gestern noch da war, ist heute verschwunden. Dafür steht da ein anderer. Immer mal wieder findet sich ein Einzelstück, das längst vergriffen ist. Und so Besonderheiten wie das Brautkleid gibt es nicht alle Tage, da muss, wer es will, schnell zuschlagen.

Weg von der Anonymität

Natalie Grünig liebt ihre Arbeit, sie mag das Zusammenspiel im Team, auch das mit den anderen „Gewerken“ des DW, dem Kims-Café und der Fahrradwerkstatt nebenan. Die Arbeit ist sinnvoll, sie tut den Menschen gut, sie bringt sie in Kontakt. Und: Sie schont die Umwelt und setzt ein Zeichen gegen die Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Die Arbeit im sozialen Kaufhaus Niebüll passt zum Jahresmotto des Kirchenkreises Nordfriesland. „Anders handeln“ lautet es. „Anders handeln“, so Natalie Grünig, „das ist für mich: weg von der Anonymität hin zu echter Wahrnehmung und zum Bewusstsein, dass das, was wir hier haben sehr, sehr gut ist.“

Das soziale Kaufhaus Niebüll findet sich in der Uhlebüllerstraße 1 und freut sich über Möbel-, Kleidungs- und Hausratsspenden. Email: werkstatt1@dw-suedtondern.de

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