Anders leben, anders handeln, anders glauben

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Anders leben, anders handeln, anders glauben

Was tun, wenn die ausgetretenen Wege nun mal nicht passen und die Lebensläufe, die andere leben, nun mal im eigenen Leben nicht funktionieren? Dann muss man lange nach neuen Orientierungen suchen, vieles ausprobieren und manchmal verzweifeln, bis man da ankommt, wo man sagt: Hier ist gut sein, hier will ich bleiben.

Jeder bringt seine Gaben ein

Elisabeth Moolhuijsen lebt seit 2006 in Hattstedt im Alten Pastorat. Inzwischen 70jährig hat sie jetzt den Ort und die Umgebung gefunden, die zu ihr passen. Sie streift durch den großen Garten, deckt frische, selbst geerntete Himbeeren zum Kaffee, in den Stockrosen summen die Bienen. Es blüht noch Klatschmohn, die Sauerkirschen – nun kurz vor der Reife – sind in Gardinen eingewickelt, um sie vor den Vögeln zu schützen. Ein winziges Gewächshaus, frischer Salat, an langen Stangen winden sich Bohnen empor. „Das sind Rainers Lieblinge“, sagt Elisabeth und lacht freundlich. Rainer ist einer ihrer Mitwohner. Er es auch, der gerne ein bisschen handwerkelt und dabei kleine Kunsstücke entstehen lässt. Eine andere Mitbewohnerin ist Obstbaumgärtnerin, sie hatte die Idee mit den Gardinen. Elisabeth lebt hier mit vier weiteren Menschen im Alter von 62 bis 79 Jahren zusammen, jeder hat ein eigenes Zimmer, Bäder und Küche nutzen sie gemeinsam. Sie sind eine WG, eine Wohngemeinschaft. Anders als die studentischen Wohngruppen, die sich oft aus Not und Wohnungsknappheit bilden, haben diese Menschen sich bewusst für das Zusammenleben entschieden. Jeder bringt seine Gaben in das Projekt mit ein. „Ich wollte anders leben“, sagt Elisabeth nachdenklich. Sie hat bewusst nach einer alternativen Wohnform gesucht.

Auf der Suche

Wie sehr dieses andere Leben zu ihr passt, wird deutlich, wenn sie erzählt: Geboren ist sie in Amsterdam, und nach dem Abitur versuchte sie so dies und jenes – aber es war nichts dabei, was ihr Erfüllung geben konnte. Ein Jahr lang studierte sie sogar Medizin, aber die „Büffelei“ war nichts für sie, erklärt sie lachend. Dann arbeitete sie in verschiedenen Wohneinrichtungen, qualifizierte sich berufsbegleitend, machte sogar ihren mittleren Abschluss für soziale Arbeit – aber dann zog sie, inzwischen 33jährig, der Liebe wegen nach Deutschland – weder ihre Berufserfahrung noch ihre Qualifikationen wurden hier anerkannt.

Sie hat viele Abende ihres Lebens auf Schulbänken verloren. Berufsbegleitend machte sie hier eine Ausbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin, berufsbegleitend lernte sie Familienpflegerin und schließlich, mit knapp 60, ließ sie sich noch als Alltagsbegleiterin für Demenzkranke ausbilden. Sie hat immer gearbeitet, hat sich immer fortgebildet, immer nach neuen Ufern gesucht. Und sie hat viele Fehlschläge einstecken müssen.

Ein nicht alltäglicher Lebensweg

Die Ehe zerbrach, sie zog von Heilbronn nach Schleswig – aber da waren die Arbeitsbedingungen nicht so, dass sie ihrer Qualifikation entsprochen hätten. Sie ging nach Bredstedt, verlor 56jährig ihren Job – und dann kamen die dunklen Jahre mit langen Zeiten von Arbeitslosigkeit, Beschäftigungsmaßnahmen, leeren Versprechungen und letztlich gesundheitlichen Beeinträchtigungen. 60jährig endlich fand sie noch einmal eine neue Aufgabe, die ihr wirklich gefiel, und ihr neues Zuhause in Hattstedt war ihre Heimat geworden. Ein nicht ganz alltäglicher Lebensweg fand Bahnen, in denen sie sich sicher bewegen konnte.

Die ganz eigene Spiritualität

Anders handeln – dazu gehört für sie  auch, anders zu glauben: Elisabeth Moolhuijsen konnte mit der calvinistischen Ausprägung des Evangeliums in den Niederlanden nicht viel anfangen, empfand sie als moralisierend und rigide. Erst in Kontakt mit der Evangelischen Frauenarbeit in Nordfriesland erschlossen sich ihr neue Zugänge zum Glauben. Sie ließ sich 2007 taufen, absolvierte das Fernstudium Feministische Theologie. Sie nimmt an verschiedenen Bildungsveranstaltungen des Kirchenkreises teil, arbeitet im Weltladen, geht pilgern, sucht und findet ihren ganz eigenen Weg. Sie geht gerne mit anderen, aber sie geht ihren Weg auch gerne und sehr bewusst allein.

Es kommt, wie es kommt.

Anders handeln – Elisabeth Moolhuijsen hat das nie zu ihrem Lebenskonzept gemacht. Ihr Leben war einfach anders, und es veränderte sich ständig. Während andere sich niederließen, heimisch wurden, sich verwurzelten, zog sie von Ort zu Ort, immer der Arbeit hinterher. „Nicht schlimm“, lacht sie. Aber irgendwann reichte es dann auch. Das Wohnprojekt in Hattstedt ist endlich ihr Zuhause geworden, hier fühlt sie sich wohl und geborgen, und gemeinsam mit den anderen setzt sie sich nicht nur für den Erhalt des denkmalgeschützten Hauses ein, sondern auch für den Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung. Hier wird sie bleiben, solange es geht. Und was danach kommt, wird sich finden.

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