Philipp Busch ist Pastor und ist – das bringt der Berufsstand so mit sich – selten um Worte verlegen. Er ist aber ein Wort-Künstler, ein Poet vor dem Herrn, jemand der mit Wenigem viel sagen kann, einer, bei dem Worte Gedanken in Buchstaben sind. Es ist um Philipp Busch etwas Stilles, ein aus Lebensbrüchen gewordener Tiefgang. Er findet Worte, wo sie anderen im Halse stecken bleiben.
Von West nach Ost
Anders handeln, das ergab sich vielfach irgendwie. Ein Studierenden-Austausch während seines Theologie-Studiums in Mainz führte ihn 1991 an die Universität Greifswald. Das war unmittelbar nach der Wende, „drüben“ war so vieles so anders. Es war nicht nur das Klo auf dem Hinterhof, das er sich „mit drei fetten Spinnen“ teilte: Die Stadt roch nach Braunkohle und Zwei-Takt-Motoren, die Mentalität der Menschen war anders und vor allem die Theologie: Wer sich damals für Theologie und Kirche entschied, der entschied sich für überaus mühsame Lebensumstände. Die Christen und Christinnen der DDR wurden beäugt vom Staat, sie wurden beruflich behindert und waren gesellschaftlich schräg angesehen. Sie lebten ihr Christsein in Enklaven, anders als der Westen, und Philipp Busch fügte sich nicht aus Bequemlichkeit in diese anderen Umstände, er entschied sich dafür und sie prägten sein Leben. Er verliebte sich in den Osten und in seine Kirsten – ebenfalls Theologin und liebste Kollegin bis heute.
Auf Umwegen zum Traumberuf
Noch während des Studiums wechselte er in die mecklenburgische Landeskirche und machte machte sein Diplom in Rostock. Aber dann kamen unruhige Jahre auf das Ehepaar zu, und Philipp Busch konnte sich eine Zeitlang nicht vorstellen, in der Kirche Dienst zu tun. Er machte ein Praktikum bei der Ostseezeitung und wäre fast Volontär geworden, hätte man ihm nicht die Begleitung eines Studienreform-Projekts in Rostock angeboten. Das machte er sechs Jahre lang, Kirsten wurde inzwischen Pastorin, und gerne, sehr gerne gestaltete das Ehepaar zusammen Gottesdienste. „Gottesdienst und Predigt fand ich eine tolle Sache – deswegen wollte ich Pastor werden“, erinnerte er sich. So kam er dann auf Umwegen zu seinem Traumberuf.
Steinkohle und Braunkohle
Die Spannung zwischen Ost und West prägte ihn. „Ich vergleiche das gern mit Braunkohle und Steinkohle“, erzählt der Pastor. Das Christentum im Westen sei eher wie Braunkohle flächendeckend angelegt, im Osten gleiche es eher der Steinkohle: Klar abgegrenzt, dafür aber in die Tiefe gehend. In den Westen zu gehen konnten sich beide eigentlich nicht vorstellen. Aber dann kam die Ausschreibung für St. Johannis auf Föhr , und auf einmal passte irgendwie alles. Seit 2013 lebt das Pastorenehepaar, das inzwischen drei Kinder hat, auf der Insel. „Meine Kinder sprechen friesisch“, sagt Philipp Busch. „Für sie ist das hier das Paradies.“
Gesegnet bist du, Gott, der meinen Tag segnet
Anders handeln – die Geschichte erhellt sich rückblickend: Seit Februar diesen Jahres gibt es täglich einen Post des Inselpastors auf Facebook und Twitter mit dem Hashtag #jedertageinsegen. Seitdem geht er jeden Tag auf Spurensuche, entdeckt die leuchtenden Momente. „Es ist mir eine liebgewonnene Übung geworden, den Augenblick festzuhalten“, sagt er. Die, die ihn kennen, lesen diese Posts auf ihrem besonderen Hintergrund: Philipp Busch ist krebskrank, im August 2018 erhielt er die Diagnose, im Februar war die zweite große OP. Jetzt hofft er, dass er das Schlimmste überstanden hat. Erschöpft war er immer wieder. Aber er sagt: “Nein, Angst habe ich nie gehabt.” Je schlimmer es kam, desto ruhiger wurde er. Sein Vertrauen in Gott wurde nicht erschüttert, im Gegenteil. „Gesegnet bist du, Gott, der meinen Tag segnet“ – so beginnt jeder Post, dann folgt ein kleiner Lichtblick, ein kurzer Tagesmoment, der Hashtag und ganz zum Schluss #dnkgtt: Danke, Gott. „Segen muss im Fluss bleiben“, sagt der Pastor, „er kommt von Gott und geht zu Gott zurück“, das habe er in der „Theologie des Segens“ von Magdalene Frettlöh gelernt – ein dickes, theologisches Buch, das zu lesen er in den vielen Krankheitstagen Zeit hatte. „Wie danke ich, wenn es eigentlich nichts zu danken gibt?“, diese Frage stellt sich jeder Seelsorger irgendwann. Und Philipp Busch hat Antworten gefunden.
Weil immer was geht
Er findet Worte, wo sie anderen im Hals stecken bleiben. Er findet einen Umgang mit schwerer Krankheit, der anderen hilft. „Reduziert mich nicht auf meinen Krebs“, sagt er. Das kann er nicht leiden. Er bleibt ja der, der er war, bleibt ja Familienvater, Seelsorger, Freund und Ehemann, bleibt mit vielen Fragen und Sehnsüchten wie jeder andere auch. Jeder Tag ein Segen – auch das bleibt, es gibt immer etwas zu danken. Und wer das gelernt hat, dem kann es besser gehen. „Guckt auf das, was gut war“, sagt Philipp Busch und will da gerne Vorbild sein. Dann nämlich geht auch Andershandeln, weil immer was geht.