Das braucht doch kein Mensch
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Das braucht doch kein Mensch
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Niebüll – „Ich rühr einfach gerne“, sagt Anna Ihme auf die Frage, warum sie tut, was sie tut. Sie kocht gerne, sie backt gerne und sie rührt sich gerne ihr Deo und ihr Shampoo, ja sogar ihre eigenen Putzmittel an. Sie ist es leid, vor den Regalen der Supermärkte zu stehen und zwischen 20 verschiedenen, bunten, in Plastik verpackten Produkten wählen zu müssen. „Das braucht doch kein Mensch“, sagt sie, „die machen doch alle sauber!“ Und so wird sie, ohne es beabsichtigt zu haben, zur Pionierin in Sachen Nachhaltigkeit, probiert Sachen aus, die niemand für möglich gehalten hätte und zeigt anderen, dass es auch anders geht.
Seit zehn Jahren lebt und arbeitet sie nun in Nordfriesland.

Aufgewachsen ist sie in Braunschweig, hat dort eine typische „Kirchenkarriere“ mit Kindergottesdienst und Teamer-Einsätzen durchlaufen. Im Krippenspiel habe sie praktisch jede Rolle schon mal gespielt, erzählt sie. Sie studierte Sozialpädagogik und Sozialarbeit und bewarb sich danach bundesweit. Vom Evangelischen Kinder- und Jugendbüro bekam sie den Zuschlag – so zog sie in den Norden.

„Ich arbeite, wenn andere frei haben“



„Ein kleiner Kulturschock war es schon“, sagt sie. Sie sei eigentlich eher ein Stadtkind, erzählt sie. Dass man hier ohne eigenes Auto eigentlich nicht zurechtkomme, das habe sie erst einmal lernen müssen und das findet sie bis heute anstrengend. Aber sie mag die Menschen und ihre große Heimatverbundenheit, sie mag die Jugendlichen, und sie mag die Arbeit mit all ihren Unregelmäßigkeiten. „Ich arbeite halt, wenn die jungen Leute frei haben, und das ist nun mal überwiegend abends oder in den Ferien.“


Irgendwann hat sie dann ihren „Öko-Spleen“ bekommen. 2013 fing das an, erzählt sie. Es begann mit ihrer ersten Klima-Sail-Tour. Da hat das Thema sie gepackt. „Das ist so relevant“, sagt sie, „sowohl aus gesellschaftlicher wie auch aus christlicher Sicht.“ Sie fährt seitdem jedes Jahr mit, und jedes Jahr lernt sie etwas dazu. Und Schritt für Schritt versucht sie, das EKJB, die Kirche und ihr eigenes Leben nachhaltiger zu machen. Sie liebt es, alte Dinge „upzucyclen“, aus ihnen etwas Neues, Schönes zu machen. Schlagerschallplatten aus den 1970ern werden zur Deko im Flur, ein Globus ist nun ein Lampenschirm, und eine alte Gitarre bekommt bei Anna Ihme ihr Gnadenbrot als Deckenlampe. Zwei Mal im Jahr macht sie in ihrer Wohnung eine „100-Sachen-Challenge“. Das bedeutet: Sie sortiert aus, verschenkt, verkauft und verwertet, was sie nicht mehr braucht. So wirkt ihre Wohnung fast spartanisch und scheint so gar nicht zu dem vor Ideen nur so sprudelnden Kopf zu passen.

„Ich muss bei der Arbeit unheimlich strukturiert sein und viele Bedürfnisse unter einen Hut bringen“, sagt sie. Die Freizeiten, die Treffen, die Termine – das muss alles sorgfältig geplant und vorbereitet werden. Da hängen Menschen dran, die zuverlässige Zuarbeit von ihr brauchen, und Anna Ihme geht sorgfältig mit der Zeit und dem Engagement derer um, die ihr anvertraut sind. 
Teilzeitvegetarierin mit Ansteckungspotential
Es ist diese Mischung, die sie so besonders macht: Sie arbeitet effektiv, produktiv und verlässlich und ist zugleich quirlig und bisweilen ansteckend fröhlich.

Teilzeitvegetarierin mit Ansteckungspotential


Auch mit ihrem Öko-Spleen ist sie so unheimlich ansteckend, weil sie niemals moralisch ist. „Ich bin Teilzeitvegetarierin“, sagt sie zum Beispiel und lacht. Sie lebt einen unverkrampften Lebensstil vor, der sich um Nachhaltigkeit bemüht, aber sich gleichzeitig zugestehen kann, dass das Leben in einer Industrie-Nation nun mal nicht wirklich nachhaltig ist. Und trotzdem: Dem Markt, der Werbung und der Politik ein Schnippchen zu schlagen, zu zeigen, dass es auch anders geht – das macht ihr so richtig Spaß. Putzmittel und Kosmetik kann man selber machen und dabei die Umwelt schonen: Natron eigne sich gut als Deodorant, so die Pädagogin, Sheabutter und Kokosöl pflegen die Haut, Essig ist ein wunderbares Reinigungsmittel für Küche und Bad.


Anders handeln: Aussteigen aus den Erwartungen


Anders handeln, das bedeutet für sie, aus den Erwartungen von Gesellschaft und Politik auch mal aussteigen zu können. „Ich brauch gar nicht so viel, wie die mir weismachen wollen“, sagt sie. Und: „Ich bin lieber mit Menschen zusammen als mit Dingen.“ 


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