… und wie ein Zuhaus

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… und wie ein Zuhaus

Husum – Kann man mit über 60 noch mal neu anfangen? Helga Neumann (69) und Michael Voigt-Neumann (60) können. Im Februar sind sie in ihre Wohnung im Wohnprojekt Statthus eingezogen. Alles ist neu, und alles ist zauberhaft. „Es ist wie ein Wunder“, sagt Helga, und fast steigen ihr dabei Freudentränen in die Augen.

Gemeinsam leben ist das Ziel

Es ist ein großes Projekt. 4,5 Millionen Euro kostete der Umbau und die Sanierung der alten Pestalozzi-Schule am Trommelberg. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, und trotzdem verfiel es zusehends. Schon vor Jahren gründete sich eine Initiative zum Erhalt, der erste Anlauf scheiterte. Dass es dem Verein Statthus schließlich gelingen würde, grenzt tatsächlich ein Wunder. Helga und Michael sind seit 2013 dabei, und sie haben das alles hautnah mitbekommen: Die Verhandlungen mit der Stadt, die Gespräche mit dem Denkmalschutz, die Suche nach den passenden Krediten und juristische Hürden. Das Projekt ist ehrgeizig: Eine Genossenschaft wurde gegründet, 23 Wohneinheiten entstanden, gemeinsam leben ist das Ziel, und eine Gemeinschaft ist bereits gewachsen, eine Gemeinschaft, die trägt.

Zwei, die durch raue See gereist sind

Für Helga und Michael beginnt damit ein neuer Lebensabschnitt. Das Paar lebte viele Jahre in Hattstedt. Michael ist Krankenpfleger, Helga ist Lehrerin, gemeinsam zogen sie die beiden Kinder groß, engagierten sich in der Kirchengemeinde, lebten im Eigenheim unter Nachbarn, die sie mochten. Es war im Lebensplan nicht vorgesehen, dass sie dieses Haus verlieren sollten, dass ihnen ihr altes Leben wegbrach, dass sie sich 2011 in Husum neu orientieren und irgendwie auch neu erfinden mussten. Dazu kamen gesundheitliche Schwierigkeiten, schließlich erkrankte Helga an Krebs, und die Prognosen waren nicht gut. Es ist tatsächlich ein Wunder: Die beiden sind voller Zuversicht und Lebensfreude, das neue Wohnen passt zu ihrem neuen Leben. Da sind zwei in raue See geraten und haben nun wieder einen Heimathafen gefunden.

Anders handeln und ein Hauch vom Paradies

Anders handeln – kaum ein Projekt könnte besser zum Jahresthema passen als dieses. Ein achtsames und respektvolles Zusammenleben soll es sein. Die Bewohner unterstützen sich gegenseitig, sie sind gleichberechtigte Genossenschaftsmitglieder, so ist es in den Statuten festgeschrieben. Verbindlich sollen „die Bereitschaft und der Wille zum gemeinschaftlichen Leben“ sein. Sie sind Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Wohnprojekt Statthus – entsprechend sorgfältig sucht die Genossenschaft die Mieter gemeinschaftlich aus. Gelebte Nachbarschaft, darum geht es allen. Es gibt einen Gemeinschaftsraum für Feiern und Veranstaltungen, die alte Schulhofasphaltierung bleibt, damit die Bobbycars gut rollen können und Ballspiele möglich sind. Das Gelände ist riesig, ein Gemüsegarten wurde angelegt, auf dem Hof entstehen Beete – das Ganze hat einen Hauch von Paradies und von langgehegten Träumen, die endlich Wirklichkeit wurden.

Entscheidungen gemeinsam treffen

Die Aufbruchstimmung ist spürbar. Über einen Blog kommunizieren die Mitglieder. Wer mal eben eine Bohrmaschine braucht oder eine Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof sucht, findet hier meist unkompliziert und schnell Unterstützung. Am Wochenende haben die Bewohner einen Maurer eingeladen, der wird mit ihnen einen Workshop veranstalten. Denn es muss noch vieles getan werden, und nicht jeder hat das Handwerk im Blut. Basisdemokratisch werden die Entscheidungen getroffen, jeder und jede kann sich nach seinen Gaben und Fähigkeiten einbringen.

Nach Wind und Weite endlich ein Zuhaus

„Wir hatten uns eher abgekapselt“, sagt Michael nachdenklich, „und eigentlich wäre sowas gar nicht mein Ding gewesen. Ich hab das nur gemacht, weil ich merkte, wie wichtig das für Helga war.“ Das war gestern. Michael bringt sich verantwortlich in das Projekt ein, ist sogar Vorsitzender des Aufsichtsrats, Helga ist Mitglied der Gartengruppe. „Wir sind keine Wohngemeinschaft und keine Kommune“, erklärt Michael, Privatsphäre ist und bleibt wichtig, Verbindlichkeit aber auch. Anders handeln – manchmal muss man es wagen, ein andermal wird man hineingeschwemmt. Helga und Michael haben im Andershandeln ein Zuhause gefunden.

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