Von Mobilität und Freiheit

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Von Mobilität und Freiheit

Was diese drei jungen Menschen ganz sicher verbindet, ist das gute nordfriesische Understatement. „Ist ja nix besonders.“ „Das ist doch selbstverständlich.“ „Is halt so.“ Aber dann ist da noch mehr: Alina Jacobs, Nils Andresen und Femke Möller engagieren sich ehrenamtlich im Evangelischen Kinder- und Jugendbüro (EKJB) und sind aktive „Mitsparer“ – so heißt das Projekt des vergangenen Jahres. Sich für Fahrten zusammenzutun, war das Ziel. CO2 zu sparen, ein Bewusstsein für die Bewahrung der Schöpung zu wecken und gleichzeitig Gemeinschaft zu stiften, war die Idee dahinter.

Das muss doch irgendwie besser gehen!

Nils wohnt in Hattstedt und war von Anfang an dabei. „Wir saßen auf der Synode zusammen und haben die vielen Autos auf dem Parkplatz gesehen. Da dachten wir: Das kann doch nicht sein. Das muss doch irgendwie besser gehen.“ Der Anfang war holperig. Zuerst war da die Idee: Wir bauen eine eigene Mitspar-App! Der 22-Jährige kann das, er kennt sich gut aus mit Computer-Technologie und Software-Entwicklung. Aber das gestaltete sich schwieriger als erwartet: Die App muss Strecken berechnen können und Umwege, sie muss Gruppen erlauben und Privatsphäre, sie muss leicht zu bedienen und leicht zu finden sein. Man kann nicht mal eben eine App entwickeln und sie auf den Markt schieben. Die großen App-Stores müssen sie listen, sonst wird das nichts. Eine App extern entwickeln zu lassen, erwies sich als zu teuer, eine auf dem Markt zugängliche scheiterte daran, dass sie sich schlicht niemand herunterlud. Aber Nils ließ sich nicht entmutigen. Gemeinsam mit Susanne Kunsmann vom EKJB entwickelte er die etwas old-fashioned anmutende Idee einer Karte mit Klebepunkten. Zu gewinnen gab es für die ganz fleißigen einen knall-orangen EKJB-Mitspar-Hoodie. Und siehe da: Das funktionierte. Und endlich hat auch Nils sich seinen Pulli erklebt – durch Mitfahren und Mitfahren lassen.

Fahrgemeinschaften muss man halt planen

Alina und Femke hat die Aktion neu zusammengeführt. „Sie war meine Voltigier-Lehrerin“, sagt Alina und strahlt. “Da war ich elf oder so!” Die heute 17-Jährige lebt in Ostenfeld und hat noch keinen Führerschein. Und Femke, gelernte Hauswirtschaftsleiterin, ist 23 und wohnt acht Kilometer entfernt in Wester-Ohrstedt. Sie hat schlicht keine Lust, immer im allein im Auto zu sitzen. „Ohne Femke hätte ich an mindestens fünf Terminen des EKJB nicht teilnehmen können“, sagt Alina.

Und langsam tauen die drei Nordfriesen auf. Wie das ist, auf dem Dorf zu leben. Wie mühsam es oft ist, von einem Ort zum anderen zu kommen. Und warum es so schwierig ist, Nordfriesen zu Fahrgemeinschaften zu bewegen. „Da muss man halt planen“, sagt Femke. „Wäre die Infrastruktur doch nur besser….“, ergänzt Alina, „wenn der Bus alle zehn Minuten fahren würde, wäre das eine echte Alternative zum Auto.“ Aber dann lacht sie auch schon: Nordfriesland ist nun mal keine Großstadt. Das lässt sich hier nicht realisieren. Andererseits: Shuttle-Services zu den Zeltfesten gibt es manchmal schon, und das ist eine wirklich gute Sache. Alina hat das Tanzen und ihren Handball aufgegeben, weil sie ihre Eltern nicht mit der ständigen Fahrerei belasten wollte. „In Hattstedt gibt es eine Mitfahrbank“, erzählt Nils, „das ist doch eine tolle Idee.“ Bloß leider sitzt da nie jemand, zu gerne würde er andere auf diese Weise unterstützen. Auch Car-Sharing-Modelle könnten in Nordfriesland funktionieren – es müsste halt nur gewollt sein.

Anders mobil sein ist in Nordfriesland schwer

Nordfriesland ist ein Flächenland. Auf gut 2000 Quadratkilometern leben knapp 165000 Menschen. Von Husum kommt man leicht nach Hamburg oder Kiel. Aber von Ostenfeld fährt der Bus alle zwei Stunden, in den Ferien und am Wochenende überhaupt nicht. Anders handeln, anders mobil sein – das ist in hier nicht leicht. Die Voraussetzungen sind schlicht nicht gegeben, die Entfernungen sind zu weit. Und es wohnen Menschen an Orten, an denen niemand, aber auch wirklich niemand mal einfach so vorbeikommt. Fahrgemeinschaften zu organisieren ist aufwändig. Femke muss zum Beispiel, wenn sie Alina abholt, immer einen kleinen Umweg fahren. „Das bisschen Sprit wird durch die Freude hundertmal aufgewogen“, sagt sie. Aber Alina weiß von den Umwegen und sagt: „Manchmal mag ich gar nicht fragen……“. Und plötzlich merken die beiden, dass sie Freunde geworden sind und wieviel ihnen das bedeutet.

Das Auto ist Freiheit

„Das Auto ist für mich Freiheit“, sagt Femke. Und auch Nils wird, auf die Beziehung zu seinem Fahrzeug befragt, still. „Naja, ich mag es schon sehr“, sagt er leise. Sie sind nicht die einzigen, denen es so geht. Es ist schlicht sehr bequem, fix ins eigene Auto zu steigen. Staus und Parkplatz-Probleme kennen Nordfriesen nicht – es gibt eigentlich keinen Grund, aufs Auto zu verzichten. Wäre da nicht die Bewahrung der Schöpfung, die Verantwortung für die Welt und das Interesse an Gemeinschaft und Nächstenliebe. Denn auch das verbindet die drei Mitsparer: Sie lieben Menschen. Sie wollen verantwortlich leben. Dafür ist ihnen kein Weg zu weit, und um dem Nächsten zu dienen, nehmen sie gerne auch mal Umständlichkeiten in Kauf.

Anders handeln ist eine bewusste Entscheidung

„Anders handeln – das ist die bewusste Entscheidung für etwas“, sagt Femke. „Anders handeln – das kann auch mit Verzicht verbunden sein“, ergänzt Alina, „Verzicht ist nicht immer etwas Negatives.“ „Anders zu handeln ist meist nicht der leichteste Weg“, sagt Nils nachdenklich, „manchmal macht man es sich dadurch schwerer.“ Wer anders handelt, trotzt der Bequemlichkeit und wächst über sich hinaus. Femke, Alina und Nils sind dafür gute Beispiele.

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